Samstag, 29. März 2014

100 Meter Haare ...

Heute stand ein Besuch beim Coiffeur auf dem Programm. Ich habe nichts weiter dabei gedacht, als ich meinen Sohn während des Frühstücks fragte, wie er seine Haare denn geschnitten haben möchte.

Sein Schweigen und seine Stirnrunzeln brachten mich dazu, etwas genauer hinzuspüren. Und schnell wurde mir bewusst, dass der Junge überfordert ist. Ich hätte es wissen müssen.

Offene Fragen waren schon immer eine Herausforderung für ihn. Der klassische Fragefehler ist: «Was möchtest du trinken?» Früher hat er einfach gezögert oder keine Antwort gegeben. Nicht weil er frech oder unanständig wäre, sondern weil er keine Auswahl bekommen hat. «Willst du Tee oder Wasser?» ... Ja, damit kann er was anfangen.

Inzwischen höre ich auf solche Fragen die klassische Antwort: «Kannst du mir bitte sagen, was es zur Auswahl hat?!».

In Gedanken war ich heute am Frühstückstisch also schon dabei, ihm einige Möglichkeiten für den Haarschnitt aufzuzählen. Da aber sah ich, dass er am Ausbrüten einer Antwort war. Also liess ihm noch etwas Zeit. Da war ich jetzt wirklich gespannt, wie er mir seine Vorstellungen präsentiert ...

... Und das zu Recht. Seine Antwort war so originell, dass ich sie meinen wenigen Lesern hier nicht vorenthalten will:

«Also Mami, gehen wir davon aus, all meine Haare zusammen wären einen Kilometer lang. Dann hätte ich sie gerne 100 Meter kürzer!»


:-)))



Quantität in Pizzaform

Dass Asperger Autisten Aussagen stets wortwörtlich nehmen, ist nichts Neues. Mein Sohn hat dazu aber noch eine richtiggehende Begeisterung für neue Worte oder Redewendungen. Erst will er genau wissen, was die Bedeutung ist und dann, wie es angewendet wird. In den nächsten Tagen hört man dann das aktuell neuste Wort zu jeder möglichen Gelegenheit. Und das wiederholt sich schon seit Jahren. Sein Wortschatz ist die reinste Schatzkiste.

Da ich selber Worte und Wortkreationen liebe, haben sich hierbei natürlich zwei gefunden :-).

Kürzlich, als wir Muffins dekoriert hatten, war er frustriert, weil seine Freundin viel schneller vorwärts gekommen ist. Da habe ich ihm die Sache mit Qualität und Quantität erklärt. Er hat die Infos mit großer Aufmerksamkeit aufgenommen.

Nun ist er wahrscheinlich der einzige Erstklässler, der mir abends nicht nur gewissenhaft ausrichtet, ob er seine Hausaufgaben erledigt hat, sondern auch in großer Selbstverständlichkeit hinzufügt, ob er den Fokus auf Qualität oder Quantität gelegt hat (in Einzelfällen konkretisiert er es noch mit Prozentangaben).

Und eben haben wir Pizza gekocht. Jeder hat selber vorbereitet, was er drauf haben will. Einen Teil für mich, einen für die Kleine und einen für meinen Sohn.


Ich überlasse es nun meinen LeserInnen zu erraten, welcher Teil meinem Großen gehört und wie er sein "Werk" kommentiert hat :-)